Kataloge sollen auf beschränktem Raum einen Überblick über ein bestimmtes Warenangebot geben und dabei seine wesentlichsten Eigenschaften hervorheben. Oft sind Kataloge kleine Kunstwerke, deren Informationsdichte Staunen erweckt.
Kataloge sind Zeitbilder. Das Instrumentarium der zweiten Hälfte des 19. Jh. kannte Typen, die heute ebenso vergessen sind wie die dazu gehörende Terminologie. Um sich darin zurecht zu finden eignen sich vor allem zeitgenössische Kataloge. Sie liefern zwar keine Definitionen, doch die Beschreibungen und Abbildungen erlauben eine zutreffende Identifikation, wobei allerdings zu beachten ist, dass ein Instrument oft nach den Wünschen des Bestellers abgeändert wurde.
Zudem ist nicht zu vergessen, dass die Hersteller kaum Vermessungsfachleute waren und deshalb Fachausdrücke mit gewissen Unschärfen gebraucht wurden. Ausserdem wäre zu bedenken, dass damals auch in der Fachwelt viele Begriffe implizit durch den Sprachgebrauch definiert wurden. Genaue Definitionen waren Ausnahmen.
Man versuche beispielsweise in der Literatur des 19. Jh. eine Definition des damals gängigen Begriffs "Stadia" in der heute üblichen Schärfe aufzuspüren.
Digitalisierte Kataloge können nach Typenbezeichnungen oder nach Erfindern und Konstrukteuren, deren Name einem Instrumententyp zugeordnet wurde, durchsucht werden.
Beispiele:
- für Typen: Graphometer, Astrolabium, Mensul, Pantometer etc.,
- für Konstrukteure und Erfinder: Lenoir, Stampfer (Nivelliere), Sanguet (Distanzmesser) etc.
Preis-Courant der mathematischen, geodätischen und astronomischen Instrumente von J. Kern. Aarau. Schweiz. 1878
Auf 18 Seiten Text und 13 Seiten Bildern (im damaligen Sprachgebrauch Tafeln; 11 davon einseitig, 1 doppelseitig) enthält der Katalog, gemessen an Katalogen des späten 20. Jh., eine Fülle von Informationen, die sich erst bei eingehenderem Studium erschliesst. Der Satzspiegel ist in drei Kolonnen aufgeteilt, links stehen Hinweise auf eventuelle Abbildungen, in der Mitte der Text, rechts die Preise. In der Kolonne links aussen stehen in römischer Schrift die Nummern der Tafeln, daneben die Instrumenten-Nummern.
Steht rechts von der römischen Zahl eine Instrumenten-Nummer, so ist das in fetter Schrift auf gleicher Höhe im Text angegebene Instrument abgebildet; steht neben der fett geschriebenen Bezeichnung keine Nummer, so ist das Instrument nicht abgebildet.
Masseinheiten
Der erste Abschnitt auf dem Titelblatt vermerkt, dass die instrumententechnisch gebräuchlichen Masse entweder in Pariser Mass oder in Meter gegeben seien.
1 Fuss Pariser Mass (pied de Paris) = 0.32484 m
Mit zwölfteilig ist das Verhältnis der jeweils grösseren Einheit zur nächst kleineren gemeint. Das für Längeneinheiten vor der Einführung des Meter gebräuchliche System des Fuss ist wie folgt gegliedert:
- 1 ’ (Fuss, frz. pied) = 12 ‘’ (Zoll, frz. pouce) 1 ’’ (Paris) = 27.07 mm
- 1 ‘’ (Zoll, frz. pouce) = 12 ’’’ (Linie, frz. ligne) 1 ’’’ = 2.26 mm
- 1 ’’’ (Linie, frz. ligne) = 12 ’’’’ (Strich, frz. point) 1 ’’’’ = 0.19 mm
Die Unterteilung in Zwölftel wird als duodezimal bezeichnet. Alle Systeme von Längeneinheiten, denen der Fuss zu Grunde lag, waren duodezimal unterteilt, sie unterschieden sich jedoch in der Länge des Fusses.
Bestrebungen zur Vereinheitlichung
Die von der Alten Eidgenossenschaft geerbte Vielzahl von oft nur lokal geltenden Längenmassen wuchs sich im 19 Jh. zu einem heillosen Hindernis für Handel und Industrie aus. Um die Verhältnisse zu vereinfachen schlossen sich 1835 die Kantone ZH, BE, LU, ZG, FR, SO, BS, BL, SH, SG, AG, TG in einem Konkordat zusammen, dem 1836 auch GL beitrat. Sie führten auf den 1.1.1838 - anstatt des längst bekannten Meters - einen dezimal unterteilten Schweizer Fuss ein. Seine Länge von 0.30000 m war ein typisch schweizerischer Kompromiss zwischen einer alten, an das Fussmass anklingenden Hülle und einem neuen, einen Zusammenhang mit dem metrischen System suggerierenden Inhalt. TI und die Westschweizer Kantone GE, VD, VS hatten damals den Meter als Längeneinheit schon eingeführt, was gesamtschweizerisch erst auf den 1.1.1877 gelang.
Im Preis-Courant 1878 von J. Kern werden Längenmasse wie Messketten, Messbänder, Messlatten in Schweizer Fuss und in Meter angeboten, Nivellier- und Distanzlatten (wegen der Fadendistanzmessung) hingegen nur metrisch.
Fernrohre
Darüber orientiert eine Tabelle auf dem Titelblatt. Die Fernrohrlängen sind in Zoll ( ’’ ) und die Objektivdurchmesser in Linien ( ’’’ ) angegeben. Terrestrische Okulare sind jeweils Fr.10.- teurer. Bemerkensweise waren damals alle Fernrohre mit aufrechten Bildern erhältlich, die sich erst nach 1970 erneut - diesmal endgültig - durchgesetzt haben.
Orthographie
Sie war in jenen Zeiten offenbar ähnlich dornenvoll wie in der Gegenwart, nicht weil sie anders ist als heute, sondern weil sie im gleichen Text verschieden gehandhabt wird: speciell neben speziell, ebenso gibt und giebt.